Die Tochter-Firma

Seit Anfang dieses Jahres arbeitet Linda Koch als Assistentin der Geschäftsführung an der Seite ihres Vaters bei Koch Klassik. Damit handelt das Traditionsunternehmen bereits in vierter Generation mit interessanten und meist hochwertigen Automobilen.

Es ist schon etwas ungewöhnlich, wenn sich ein 23-jähriges Mädchen zu Weihnachten kein neues iPhone, sondern einen geschmiedeten Edelstahl-Auspuffkrümmer für ihr Auto wünscht. Nicht so bei den Kochs, die in Kirchhausen bei Heilbronn seit nun bald 40 Jahren meist hochkarätige, vom Firmenchef selbst auf Herz und Nieren geprüfte Klassiker verkaufen.

Das silbern glänzende Kunstwerk war das letzte Puzzelteil für Lindas Lancia Delta Integrale HF in Gruppe-A-Spezifikation mit 18-Zoll-Rädern, passgenauem Überrollkäfig, sowie Rennsitzen und –gurten. Der Vierzylinder-Turbo leistete bisher 256 Prüfstand-PS. „Mit dem neuen Krümmer und einem überarbeiteten Turbolader kommt mein Integrale von 1991 auf jetzt 280PS“, sagt Linda. Und dass man dank der schlanken Karosserie dem kleinen Italiener diese enorme Leistung nicht ansehen würde: „Da sind schon einige Porsche-Fahrer etwas ins Staunen geraten.“

Dieser perfekt aufgebaute Rallye-Star steht symbolhaft für die Geschichte und das Selbstverständnis von Koch Klassik. Firmenchef und Gründer Horst Koch, Lindas Vater, hat den Lancia vor 28 Jahren selbst in seiner Firma zum Rallye-Boliden nach Gruppe-A-Reglement umgebaut. Damals bestand Koch Klassik noch aus zwei verschiedenen Firmen: Autohaus Koch mit dem Verkauf und Service von Ferrari, Fiat, Lancia und Moto Guzzi, während die KK Automobil GmbH Sonderzubehör für die Marken Fiat und Lancia herstellte. Das zweite K stand für den inzwischen verstorbenen Geschäftspartner Karlheinz Knapp.

Bericht: Zeitschrift MotorKlassik – April 2019

Panda-Cabrios von KK

Horst und sein Partner Knapp entwickelten und verkauften für viele Fiat- und Lancia-Modelle Spoilerkits und Fahrwerksets mit Breitreifen auf Alufelgen. Die Autobauer-Leidenschaft der beiden gipfelte in einer Serie von 250 hübsch gestylten Panda-KK-Cabrios, bei denen die Originaltüren mitsamt Überrollbügel erhalten blieben, sodass der Mini-Fiat wie ein kleiner Pickup aussah.

Doch schon während dieser Epoche schlug das Herz von Horst auch für glanzvolle, heute fast unbezahlbare Klassiker wie Bentley 4 ½ Litre oder Fiat 8V. Auch ein Lancia Stratos befand sich 18 Jahre lang in seinem Besitz. „Vor über 30 Jahren konnte man sich diese Hochpreis-Klassiker noch leisten“, erzählt der Autokenner. Der Lancia Stratos sei damals als Gebrauchtwagen wegen seiner kompromisslosen Sportlichkeit nicht besonders beliebt gewesen: „Man hat ihn, verglichen mit heute, fast schon geschenkt bekommen.“

Wer sich in den geräumigen Präsentationsräumen und vor allem in der riesigen Werkstatt von Koch Klassik umschaut, begegnet fast überall Spuren aus jener umtriebenen Zeit, als die Marken Fiat und Lancia noch ein umfangreiches Modellprogramm zu bieten hatten und in der Rallye-Weltmeisterschaft beinahe zwei Jahrzehnte lang an der Spitze mitfuhren. Noch immer kommen bei Koch Klassik fünf Hebebühnen zum Einsatz, noch immer sind die ovalen mehrstöckigen Werkstattwagen prall mit Werkzeugen und viele Regale des Teilelagers mit den blau-weißen Pappkartons von Fiat-Lancia bestückt.

Es begann mit Motorrädern

Den Grundstein für die Automobilwerkstatt legte Horsts Vater Heinz im Jahr 1953. Der ausgebildete Techniker arbeitete zunächst in der NSU-Versuchsabteilung und war gleichzeitig erfolgreicher Motorrad-Werksrennfahrer. Zusammen mit seinem Schwiegervater und Horsts Großvater Hermann Kühner, der vor dem Krieg in Kirchhausen eine Verkaufswerkstatt für Fahrräder und Nähmaschinen, sowie eine Tankstelle unterhielt, gründete er die Firma Kühner und Koch. Neben Motorrädern und Motorrollern verkaufte man auch Fiat-Automobile. Und wir erkennen, dass das bis heute genutzte Kürzel K & K – wie Koch Klassik – nicht nur für Österreich-Ungarn von großer Bedeutung war.
Schließlich übernahm Horst 1982 die Firma seines Vaters, nachdem er bei Fiat in Heilbronn seine Ausbildung zum Kfz-Meister absolviert hatte. „Ich habe bei uns bereits mit fünf Jahren an der Tankstelle Benzin verkauft und die Scheiben geputzt“, erinnert sich Horst. Später durfte er in mühsamer Handarbeit Neuwagen entwachsen, dafür gab es jeweils 20 Mark“. Seine Begeisterung für schnelle Fahrzeuge mit zwei und vier Rädern blieb davon unberührt, was auch sein heiß geliebtes, früher vom Werk eingesetztes Fiat Abarth 2300 S Coupé und sein Ferrari 550 Maranello bekunden.

Trotzdem beendete Horst im Jahr 2000 seinen Handel mit aktuellen Fiat- und Lancia-Modellen. Bereits 1989 hatte der umtriebige Car-Guy einen unverschuldeten schweren Autounfall erlitten, der ihn für ein halbes Jahr aus dem Geschäftsleben riss. Noch heute leidet er unter einer Gehschwäche, die ihn jedoch nicht am Gasgeben hindert. Als schließlich die Italiener fast nur noch im Kleinwagenbereich konkurrenzfähige Autos bauten, „war damit fast kein Geld mehr zu verdienen.“ Horst Koch gab deshalb das Geschäft mit Neuwagen komplett auf. Seine bereits vorhandenen zahlreichen Kontakte zur Klassiker-Szene erleichterten den Einstieg in den Handel mit Oldtimer.

Und jetzt ist Linda dran. Die 23-jährige zählt nach ihrem Studium von Medien- und Kommunikationsmanagement zur vierten Generation der K & K Automobildynastie, die bis heute fachmännisch und energiegeladen mit interessanten, meist sportlichen Fahrzeugen handelt. Der Vater führte seine Tochter mit viel Hingabe an das Thema Automobile heran.

Bereits mit zwei Jahren fuhr Linda im Bentley 4 ½ Litre bei ihren Eltern Horst und Helga mit. Dabei saß sie mit Sturmhaube und Kinderstaubbrille in einem komfortablen Kindersitz, der mit dem gleichen rauten-gesteppten Leder des Bentley-Mobiliars aufgesteppt war. Gelegentlich wurde sie sogar für eine niedliche Dekopuppe gehalten. Ab dem Grundschulalter lernte Linda unter väterlicher Anleitung die Technik von Automobilen mit Verbrennungsmotoren genauer kennen, und mit 13 Jahren nahm sie zum ersten Mal als Beifahrerin an einer Oldtimer-Rallye mit Wertungsprüfungen teil: „Die Autos, mit denen wir bei einer Rallye startete, durfte ich immer selbst aussuchen.“

Ihre erste Rallye am Steuer bestritt Linda mit 17 Jahren als Begleitetes Fahren zusammen mit ihrer Mutter Helga in einem Porsche 911 Targa von 1972. In dem orangen Ölklappen-Elfer machte sie auch auf einem Verkehrsübungsplatz ihre ersten Fahrübungen. Nach bestandenem Abitur wurde Linda sogar dessen stolze Besitzerin.

Inzwischen ist sie lieber mit dem roten Lancia Delta Integrale unterwegs, der in die Familie zurückgekauft wurde. „Der seltene und heute recht teure Porsche mit originalem Magnesium-Motorgehäuse und nur einem Jahr lang produzierter Ölklappe ist mehr etwas für Sammler und Liebhaber“, erklärt Linda. Ihr Lancia dagegen würde den Alltagsverkehr besser und bequemer meistern, „ist allerdings wegen de umfangreichen Rallye-Ausstattung auch nur ein reiner Zweisitzer“.

BMW M3 anstatt Pagode

Mit dem Lancia zeigt Linda auch ein neues, moderneres Verständnis von Klassikern: „Es rücken immer mehr auch Youngtimer in den Fokus, weil jüngere Oldtimer-Liebhaber sich mit einem frühen Elfer, MAG oder einer Mercedes Pagode nur schwer anfreunden können.“ Diese Kundschaft fahnde oft nach den Traumautos ihrer Jugend, etwa BMW M3 oder Porsche 944 Turbo. Und in diesem Bereich wird Linda ihren Vater bei Koch Klassik in Zukunft unterstützen. Wie sie das macht, kann man sich auf ihrem Instagram-Account „cardealerblondie“ ansehen.

MotorKlassik – Ausgabe: April 2019

Text: Franz-Peter Hudek

Fotos: Daniel Trautwein