DAS MAXIMUM

Wer schon immer einen legendären Rallye-Boliden der Gruppe B besitzen
und auf öffentlichen Straßen fahren wollte, ist mit diesem 
Renault 5 Turbo bestens bedient.

Koch Klassik Automobil GmbH - Heilbronn

Bericht von:
MOTOR KLASSIK
AUSGABE 10/2013
TEXT Franz-Peter Hudek
FOTO Achim Hartmann

Wenn diese kleine Franzose durch die City oder über eine Landstraße rollt, degradiert er Corvette, Countach und Co. zu unterbezahlten Statisten. 
Kein Mensch nimmt die mondänen Sportwagen mehr wahr, denn alle bestaunen nur noch den blau-roten Mini mit dem sexy Breitspur-Hinterteil. 
Sein provokant röhrender Turbo-Vierzylinder unterstreicht noch den schrillen Auftritt des einstigen Rally-Stars – als ob dieser sich aus einer anderen Zeit und aus einem anderen Raum in die Gegenwart verirrt hätte.
Eigentlich gehört dieser Renault 5 Turbo mit dem typischen Farbenmix und den Sponsoren-Aufklebern in das Jahr 1985 und auf die Insel Korsika, wo er mit Rallye-Profi Jean Ragnotti am Lenkrad einen Weltmeisterschafts-Lauf gewann.

Es war die Ära der speziellen Rallye-Monster mit Mittelmotor oder bereits Allradantrieb wie Audi Sport Quattro, Lancia Rallye 037 und Peugeot 205 T16.

Der Renault 5 Turbo war der erste Mittelmotor-Mutant jener wilden Rallye-Generation und kam bereits 1980 in nur 400 Einheiten auf den Markt, die für den Rallye-Einsatz laut Reglement innerhalb von zwei Jahren produziert werden mussten.

Allerdings ist unser kleiner, lauter 250-PS-Freund nicht das Originalfahrzeug von 1985, sondern ein zwei Jahre jüngeres, sogenanntes „Tribute-Car“. 
Die Basis hierzu bildet ein werksseitig aufgebautes Kunden-Rallye-Auto, das der spätere Besitzer optisch an das Ragnotti-Auto angeglichen hat.
Mit seinem Überrollkäfig, dem komplett bis auf das Instrumentenbrett und die Sitze aufgeräumten Innenraum, dem kurz untersetzten Renngetriebe und den von 160 auf rund 250 PS getunten Vierzylinder-Turbo stellen sich hinter dem Lenkrad dennoch authentische Ragnotti-Renngefühle ein. 
Die beginnen schon mit dem Anlegen der Sechspunkt-Hosenträgergurte: Man schnallt sich den kleinen R5 wie einen Rucksack an.

 

Koch Klassik Automobil GmbH - Heilbronn

Mit dem Auto verschweißt

Dass der Motor nicht vorn unter der Haube sitzt, sondern hinter uns im Innenraum mitfahren darf, ist unüberhörbar.
Und wir genießen jede Minute: Bei niedrigen Touren das harte, trotzige Vierzylinder-Brabbeln und bei zunehmender Drehzahl das dezente Pfeifen des Turboladers, der bereits Druck für die Schaltattacke aufbaut.
Zwischen 4000 und 6000/min wirft nämlich der Turbo-Katapult den entfesselten Kleinwagen so vehement nach vorn, dass man mit dem Durchschlafen der Gänge kaum nachkommt.
Auch die Bremsen haben mit dem 900-Kilo-Zwerg wenig Mühe. Gut, dass die Gurte den Fahrer stramm in den Schalensitz fesseln, denn die Sitzposition entspricht vollkommen dem normalen R5 – mit steiler Lehne hinter einem etwas flach gestellten Lenkrad.
Der Wagen ist nicht pingelig-sauber und zeigt einige Gebrauchsspuren, fährt aber auch mit niederen Touren angenehm rund und sogar recht komfortabel.
Nur das Ein- und Aussteigen über den Rohrkäfig sollte man etwas üben, um bei einer Klassiker-Rallye oder vor der Eisdiele eine sportliche Figur zu machen.

Dass dieser Turbo-Brummkreisel bei Horst Koch steht, ist nicht verwunderlich. Der Händler in Kirchhausen bei Heilbronn hat ein Faible für spezielle Klassiker.
Hierzu drei Beispiele: ein Invicta 12/90 von 1943 mit Kompressor, ein hellblauer Indy für Maserati-Fans mit Kinds oder einen Mercedes 280 TE Automatik (W 123) im Neuzustand und viele andere mehr.

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