Koch Klassik im Classic Trader Händlerportrait

Fragen an Linda Koch von Koch Klassik

Bitte stellen Sie sich und Ihr Unternehmen kurz vor. Was ist das Spezialgebiet Ihres Unternehmens?

Koch Klassik Automobil GmbH ist ein über 80 Jahre altes Unternehmen, dass national und international als Händler hochwertiger und seltener Oldtimer und Sammlerfahrzeuge bekannt ist. Parallel zum Handel wurde auch immer Wert auf technische Kompetenz gelegt und die in unserem Haus gewarteten und auch aufgebauten Fahrzeuge beweisen seit Jahrzehnten Qualität und Zuverlässigkeit.

Wann sind Sie dem „Virus“ klassischer Fahrzeuge verfallen? Gab es ein Schlüsselerlebnis in Ihrer Kindheit / Jugend, das Sie zum Oldtimer-Enthusiasten gemacht hat?

Der „Virus“ klassischer Fahrzeuge wurde mir sprichwörtlich in die Wiege gelegt. Schon in der ersten Woche nach meiner Geburt bauten meine Eltern zwischen ihren Schreibtischen ein Kinderbett für mich auf, wo ich täglich von 9 bis 16 Uhr im Autohaus war. Nachdem ich dann mit zwei Jahren bei meiner ersten Oldtimerrallye, der Württembergischen Classic, mitfahren durfte – mein Vater hatte extra einen in Farbe und Leder passenden Kindersitz für den 4 ½ Liter Bentley bauen lassen – muss der Virus wohl komplett in mein Blut übergegangen sein.

Was mögen Sie an Ihrem Job am meisten – was am wenigsten?

Die Frage ist ganz einfach zu beantworten: ich sehe meinen Beruf nicht als Beruf, sondern als – im positiven Sinne – Alltag, den ich von klein auf gar nicht anders kenne. Als zusätzliches Glück ist mein Job auch mein allerliebstes Hobby, egal ob klassische Oldtimer oder neue Supersportwagen und Exoten. Um die Faszination Auto dreht sich mein ganzes Leben.

Und das tolle an diesem Job ist, dass man zum Großteil nur Gleichgesinnte kennt und um sich hat. Beeindruckend fand ich in den letzten Jahren auch immer wieder die interessanten Menschen, die man durch diese Branche kennenlernt. Beispielsweise Walter Röhrl, der mir als kleines Kind am Hockenheimring auf meinem Porsche 936 Jules Junior unterschrieb und uns dann vor einigen Jahren auf der Retro Classics und in unserer Firma besuchte.

Was leider in letzter Zeit mit einem traurigen Auge zu beobachten ist, sind die schwarzen Schafe, die keinerlei Ahnung haben und in die Branche einsteigen, nur um schnell das große Geld zu machen.
Damit werfen sie ein schlechtes Licht auf die gesamte Szene.

Welche Marke(n) hat / haben es Ihnen angetan? Welches sind Ihre drei Lieblingsklassiker und warum?

Dadurch, dass wir nicht nur mit Klassikern von Porsche und Mercedes-Benz handeln, sondern mit allen Marken, habe ich schon eine große Anzahl wunderschöner Klassiker sehen dürfen. Ich fühle mich aber trotz allem bei den deutschen und den italienischen Marken am wohlsten. Wenn es jedoch nach meinen absoluten Lieblingsklassikern geht, sind Ferrari, Lancia und Bentley bei mir hoch im Kurs. Die Italiener bauten damals wie heute unglaubliche Stilikonen. Das schönste Fahrzeug aller Zeiten mit seiner eleganten Linienführung, aber auch gleichzeitig brutalen Kotflügeln und den riesen Lufteinlässen an den Seiten, wird für mich immer ein Ferrari 250 GTO sein. Ein weiteres meiner Lieblingsfahrzeuge ist ein Lancia Stratos. Mein Vater besaß 18 Jahre lang ein gelbes Exemplar, das er leider verkaufte, als ich noch ein kleines Mädchen war.

Trotzdem kann ich mich daran erinnern, dass die Hinterreifen so breit waren, dass ich mich hineinsetzten konnte und er mich durch die Werkstatt rollte. Ein Wunsch von mir ist es, dieses Auto einmal vom Fahrersitz und nicht vom Beifahrersitz aus spüren zu können. Und als weiteres Lieblingsauto von mir ist und bleibt der 4 ½ Liter Bentley. Da wir über 10 Jahre lang mit diesem Ungetüm an mehreren Rallyes im Jahr teilgenommen haben, habe ich viele Wochenenden in diesem Auto verbracht und Vorkriegler kennen und lieben gelernt. Der Wind in den Haaren, Zwischengas und Zwischenkuppeln, das Schalten außerhalb des Fahrzeugs, Rechtslenker, als Beifahrer sich in den Kurven festhalten zu müssen, da Gurte Fehlanzeige sind, der Sound und die freudigen Gesichter am Straßenrand, das alles macht doch die Freude am Oldtimer aus.

Was war das außergewöhnlichste Fahrzeug, mit dem Sie es bisher zu tun hatten?

Unter dem Begriff „außergewöhnlich“ versteht ja jeder etwas anderes. Fahrzeuge wie ein Mercedes 300 SL Flügeltürer oder Roadster zähle ich persönlich nicht dazu, da mittlerweile jeder Oldtimerfreund solche Fahrzeuge auf Messen vorfindet. Außergewöhnliche Fahrzeuge, die nur den eingefleischten Kennern etwas sagen, wecken mein Interesse und davon gab es schon einige in unserem Haus. Zum Beispiel einen Siata 208 Roadster, den wir einem Kunden für verschiedene Rallye-Einsätze vorbereitet haben. Meine Liebe zu den italienischen Modellen wurde jedoch auch über meinen Vater mit seinen außergewöhnlichen Fahrzeugen aus Bella Italia beeinflusst. Wir hatten viele Jahre einen FIAT 8V in unserem Privatbesitz. Dieses Fahrzeug war etwas ganz besonderes, da Giovanni Agnelli, der langjährige FIAT-Chef, seiner Tochter Maria Sole schenkte. Über deren Ehemann, dem Grafen Ranieri di Campello della Spina, gelangte der Fiat 8V nach England, wo er in einer Scheune abgestellt wurde und in Vergessenheit geriet. Als das Fahrzeug nach Jahren wiedergefunden wurde, war es ein richtiger Scheunenfund. In diesem Zustand wurde es schließlich an einen Schweizer versteigert und übertraf den Schätzwert um das 10-fache. In diesem Zustand kaufte mein Vater dieses Fahrzeug dem Schweizer ab und restaurierte es fünf Jahre lang. In dem darauffolgenden Jahrzehnt wurde das Auto schändlicherweise nur 380 Kilometer gefahren und verbrachte die meiste Zeit gut behütet und zugedeckt im Keller, bevor es dann nach Amerika verkauft wurde, wo es mittlerweile auf einigen Concours d’Elegance vorzufinden ist.

Das aktuell außergewöhnlichste Auto, das auch in unserem Besitz ist, ist ein Abarth 2300S Coupé. Ein originaler Werksrennwagen von Abarth aus dem Jahr 1963 mit belegter Rennhistorie. Das Besondere?! Abarth hat nur drei Rennfahrzeuge gebaut und dieses Auto ist das noch letzte existierende. 1963 wurde es erfolgreich mit Klassensieg und zweitem Rang in der Gesamtwertung beim 12h-Rennen auf dem Nürburgring mit Paul Frère eingesetzt. Danach noch weitere erfolgreiche Einsätze bei der Tour de France und Tour d‘Europe. Auch dieses Fahrzeug gelangte als Schrott zu uns und wurde durch meinen Vater in liebevoller Handarbeit und mit vielen Einzelanfertigungen in sieben Jahren wiederaufgebaut. Mittlerweile setzten wir dieses Fahrzeug jährlich bei mindestens einer Rallye ein und erzielen viel Staunen bei den Zuschauern, wenn sie die Geschichte des Abarth 2300S Coupé erfahren.

Thema Wertsteigerung / -erhalt: Auf welches Pferd sollte man jetzt setzen? Wie glauben Sie wird es mit der Wertentwicklung in den nächsten Jahren weitergehen?

Meine ganz persönliche Meinung ist, dass man mit der Zeit gehen muss und darauf eingehen sollte, dass sich die Kundenwünsche der Zukunft verändern werden. Die nachkommende Generation hat ein anderes Verständnis von einem Oldtimer, als vergleichsweise die Generation meines Vaters oder Großvaters. Wenn ich mich mit Freunden unterhalte, wissen sie zwar was ein Porsche 356 oder ein Mercedes 190 SL ist, erstrebenswert ist es für sie jedoch in den meisten Fällen nicht. Immer mehr merken wir, wie Kunden nach Fahrzeugen fragen, die in den letzten Jahren erst ein H-Kennzeichen erhalten haben oder jetzt in den kommenden Jahren über die 30-Jahre-Grenze rutschen. Ich persönlich habe vor sechs Jahren einen Porsche 911 Targa Ölklappe bekommen, ein super Auto. Zuverlässig, mit enormem Wertzuwachs, dezente Eleganz ohne protzig zu wirken, leicht zu fahren und pflegeleicht. Trotz allem bin ich der Meinung, dass sich der extreme Wertzuwachs der vergangenen Jahre bei Porsche 911 und 356 Modellen nun stabilisiert und Riesensprünge vorerst nicht stattfinden werden. Ich setze als künftige Wertanlage auf einen Lancia Delta Integrale Evo I. In meinen Augen steckt hier Potential, da die Fahrzeuge nun an die Schwelle zum Oldtimer kommen, oder auch schon darüber sind und hier noch einiges an Luft nach oben ist; unter Berücksichtigung des Zustands und Historie natürlich. Aber auch Porsche 968 oder BMW M3 E30 sind nicht außer Acht zu lassen. Hier bin ich gespannt, wie stark die Preise in den nächsten fünf Jahren steigen werden. Aber natürlich werden sehr seltene Fahrzeuge mit geringen Stückzahlen nie wirklich in ihrem Wert sinken und immer eine lohnenswerte Anlage sein.

Welches ist der aus Ihrer Sicht am meisten unterschätzte oder überschätze Klassiker und warum?

So genau will ich mich da gar nicht festlegen, da es eine große Rolle spielt, welche Kriterien der Klassiker für den Besitzer erfüllen soll. Soll er als reine Wertanlage gelten? Möchte man bequem am Wochenende zum Kaffee trinken fahren? Will man sportlich über die Landstraßen und durch die Wälder fahren?

Was ist für Sie ein absolutes „Tabu“ in Sachen Klassiker?

Für mich absolute Tabus sind allerlei Dinge wie extremes Tuning und komplett moderne Technik. Mein Papa sagt immer: „Ein Mann lacht sich doch auch keine ältere Dame an und schickt sie dann erst einmal zum Doktor ein neues Herz einsetzen lassen und den kompletten Körper straffen und aufspritzen.“ Der Meinung bin ich auch. Restaurationen sind super, wenn sie das Fahrzeug zumindest weitestgehend in den Ursprungszustand zurückversetzen. Kleine Erleichterungen wie versteckte Servolenkungen finde ich eine tolle Weiterentwicklung – warum soll man sich das Leben schwerer machen als es ist? Auch Tuning im Sinne von höherer Verdichtung, spezielle Kolben, Vergaser oder verbesserte Krümmer etc. sind für mich völlig akzeptabel. Jedoch finde ich es schade, wenn einem Oldtimer die Seele entrissen wird, indem das alte Leder nicht durch hochwertiges neues ersetzt wird, sondern durch billiges „totes“ Leder aus Polen, oder wenn die komplette Technik rausgerissen und durch völlig moderne Technik ersetzt wird; das ist in meinen Augen nicht der Sinn eines Oldtimers. Für mich gibt es nur eine Firma die die Gradwanderung von Tuning bei Oldies geschafft hat und zwar die Firma Singer mit ihren Porsche-Umbauten. Aber natürlich gibt es für alles seine Kunden und Fans, nur ich persönlich möchte, wenn ich einen Oldtimer kaufe oder verkaufe, kein Fahrzeug, das aussieht als wäre es gestern erst vom Produktionsband gelaufen.

Wo hört für Sie das Thema „Klassiker“ auf und vor allem warum?

Mit der folgenden Aussage werde ich mir nicht nur Freunde machen, das weiß ich, aber so ehrlich sollte ich schon sein. Für mich hört das Thema „Klassiker“ und „Oldtimer“ bei einigen Fahrzeugen auf, die aktuell in dieses Old- und Youngtimer-Alter rutschen. Der Begriff „Oldtimer“ steht für ein kulturelles Gut, das zu erhalten ist. Fahrzeuge wie Golf II, ein Opel Kadett GSi oder ein VW Passat B3 zählen in meinen Augen nicht zu einem wertvollen Beitrag der Automobilgeschichte, da die Stückzahl mit einer Massenproduktion vergleichbar ist. Sie waren damals als Neuwagen schon kaum etwas Wert und werden deshalb auch niemals wirklich von großem Wert sein, zudem wird bei ihnen auch keine Seltenheits- oder Sammlerfaktor erfüllt. Ich sehe hier ein großes Problem, dass die 30-Jahre-Regelung in Verbindung mit einem H-Kennzeichen so in Zukunft nicht mehr ewig umzusetzen sein wird. Da müsste man sich etwas einfallen lassen, womöglich eine Baujahrsgrenze oder eine Stückzahlgrenze.

Welche modernen Fahrzeuge haben für Sie das Potenzial, in 30 Jahren ein wirklicher Oldtimer zu werden?

Ich denke diese Frage kann niemand mit großer Sicherheit beantworten. Wenn man allein die Stückzahlen betrachtet und den Neupreis, sind aktuelle Fahrzeuge wie ein Mercedes-AMG Project One, McLaren P1 und Senna, Koenigsegg aller Art, oder auch ein Lamborghini Aventador SVJ Fahrzeuge, über die man nachdenken könnte, insofern das nötige Kleingeld vorhanden ist.

Wie sehen Sie die Zukunft des Klassikerhandels und welche Herausforderungen gibt es?

Die Herausforderungen bestehen nicht nur darin, sich auf die Entwicklung der Kundenwünsche und Fahrzeugmodelle einzustellen, sondern viel mehr in Hinsicht auf qualifizierte Mitarbeiter und Zulieferer, die ihr Handwerk gelernt haben und nicht den Computer anstecken und Fehler auslesen. Das funktioniert bei Oldtimern leider nicht. Richtige gute Schrauber in Zukunft zu finden, wird nicht einfach sein. Ebenso auch Kleinfirmen oder Ein-Mann-Betriebe, die Teile in Einzelstücken anfertigen, falls diese nicht mehr lieferbar sind. Jedoch könnte die Zukunft in der Teilenachfertigung im 3D-Druck liegen.

Welches Fahrzeug möchten Sie unbedingt noch einmal fahren und vor allem warum?

Das Fahrzeug, welches ich unbedingt einmal fahren möchte ist ein Mercedes CLK GTR. Dies war mein erstes Modellauto, das ich mir selbst gekauft habe. Ich finde dieses Auto einfach zum verlieben. Die brachiale Kraft, die es alleine schon im Stand, ohne laufenden Motor ausstrahlt, zieht mich in seinen Bann. Ich denke jeder der schon einmal vor diesem Fahrzeug stand, kann mich verstehen. Das wäre wirklich ein Traum dieses Fahrzeug einmal fahren zu dürfen.

Was sind Ihrer Meinung nach die schönsten Strecken, die man mit einem Oldtimer „erfahren“ kann?

Meiner Meinung nach muss man gar nicht weit weg. Man muss nicht extra von Deutschland in die Schweiz oder nach Österreich fahren, um kleine Bergstraßen und Pässe zu erleben. Wenn ich im Frühjahr und Sommer an Wochenenden Zeit habe, fahre ich gerne in den Schwarzwald. Navi aus und einfach der Nase nach. Wenn das Fahrzeug vor einem an einer Kreuzung links abbiegt, dann biegt man selbst eben rechts ab. Die Straßen sind oft eng und machen somit super viel Spaß und gute Lokale zum Einkehren gibt es im Schwarzwald reichlich.

Was würden Sie einem „Oldtimer-Neuling“ am liebsten mit auf den Weg geben?

Bitte nicht mit der 4-Seiten langen Checkliste von Google zum Fahrzeugkauf kommen. Qualität hat eben ihren Preis und ein Oldtimer ist kein Neuwagen. Aber das wichtigste ist, den Grundgedanken eines Autos nicht zu verlieren, es will gefahren werden! Oder um es mit Walter Röhrl zu sagen: „Ein Auto braucht Liebe.“